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Wir veröffentlichen einen Nachtrag zum Blogeintrag vom 30.01.2023 [1] und zwei weitere Briefe von Betroffenen zur Sanierung des Speckwegs.

Die von der Stadt angekündigten "Verbesserungen" [2] auf dem Speckweg entpuppen sich als autofreundlich und sind zu großen Teilen am nicht-motorisierten Verkehr vorbeigeplant. Zudem widersprechen die Vorhaben der "Fahrradfreundlichkeit" [3], die sich die Stadt Mannheim auf die Fahnen schreibt.

Die aktuellen Radwege am Speckweg verlaufen im Dooringbereich der Autos und sind obendrein, insbesondere wegen der Benz-Pendler, die häufig mit E-Bikes und hoher Geschwindigkeit unterwegs sind, stark frequentiert. Die mangelhafte Trennung zwischen Rad- und Fußweg führt zu weiteren Konflikten und Risiken. Die Einmündungen aus den Seitenstraßen sind unübersichtlich und für den Radverkehr sehr gefährlich, da die Autos aus den Seitenstreifen bis auf die Radspur fahren, um in den Speckweg einsehen zu können.

Speckweg/ Ecke Tannenstrasse, Richtung Taunusplatz: Eine Baustelle blockiert den Gehweg. Der Radweg ist von einem Van zugeparkt. Eine Parkregelung ist an der Stelle nicht beschildert. Der Radweg verläuft nicht ebenerdig und wird an der Stelle vom Gehweg auf die Straße verschwenkt ohne Schutz vor dem dortigen Kfz-Verkehr. Bildquelle: QEM.

Positiv zu erwähnen ist, dass der Radstreifen vor dem Benz, der derzeit fast permanent als Ausweichspur genutzt wird, als baulich getrennter Hochboard-Radweg gestaltet werden soll, mit einem durch einen Grünstreifen abgetrennten Fußweg. Ebenso positiv ist der Versuch der Radverkehrsführung gegenüber der Post und der Kreuzung Speckweg/Alte Frankfurter/Taunusplatz, die als Kreisverkehr gestaltet werden soll.

Kritisch ist dabei jedoch, dass der Platz für Bushaltestelle, Geh- und Radweg (in Fahrtrichtung Waldhof) nicht ausreicht. Bisherige Radspuren wurden von Postkunden immer wieder als Parkplätze missbraucht. Als Lösungsvorschlag soll der bestehende Radweg vor der Einmündung der Tannenstraße baulich auf die Fahrbahn geleitet werden, Markierungen auf der Fahrbahn zeigen an, dass Radfahren hier vorgesehen ist. Eine Verkehrsinsel wird die beiden Fahrspuren trennen und ein (legales) Überholen von Radfahrern unmöglich machen, d.h. die Autos müssen sich hinter den Radfahrenden einsortieren und langsam hinter ihnen herfahren bis diese den Kreisverkehr zum Taunusplatz passiert haben. Da die Fahrspur jedoch das Mindestmaß von 3,50 m für den Busverkehr einhalten muss, ist es aus unserer Erfahrung heraus äußerst fraglich, ob sich die Autofahrer*innen nicht doch an den Radfahrenden "vorbei drücken" und diese so gefährden und verängstigen.


Wir veröffentlichen mit Zustimmung der Autor*innen zwei Leserbriefe zum Thema Speckwegsanierung aus dem Mannheimer Morgen vom 13.02.2023:


Olaf Ebling, Alltag-Radfahrer, schreibt: "Das Resultat, das Herr Specht nach dem Abschluss zum Thema Speckwegsanierung vorlegt, ist ein Rückfall in eine verkehrspolitische und -planerische Steinzeit. Von der geplanten Erneuerung der Geh- und Radwege auf einen aktuellen Standard ist nichts übrig. Sie bleiben so, wie sie sind, holprig, zu schmal, nach Regen mit Pfützen übersät und nicht ausreichend barrierefrei. Die Entsiegelung von Flächen, das Setzen von über 50 Bäumen, alles weitgehend gestrichen. Zugunsten von Parkplätzen werden jetzt nur noch vier bis fünf neue Bäume gepflanzt und das Pflaster bleibt Pflaster. Ganz im Sinne des sich als David gegen Goliath stilisierenden Bürgerinitiative-"Zukunft“-Speckweg Sprechers R. Kaiser, der zu mir persönlich sinngemäß mal sagte: "Grün ist ja schön, aber doch nicht hier am Speckweg“.

Was übrig bleibt, ist ein plumper Neuaufbau der Straße zwischen den Bordsteinkanten, ein paar neue Bushaltestellen und hier und da ein neu hingepinselter Radweg, der dann eh wieder zugeparkt wird. Wenn das die Zukunft Speckweg sein soll, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Dass sich hier der CDU-OB-Kandidat Specht als Überbringer der frohen Botschaft hinstellt und sich bejubeln lässt, ist bezeichnend. Die Zuwege zur Buga werden begrünt und aufgeputzt, um den Gästen ein grünliebendes Mannheim vorzugaukeln und in der Peripherie wird geteert, was das Zeug hält. Hauptsache Parkplatz und "freie Fahrt für...“, Sie wissen schon. Es ist in den Köpfen noch nicht angekommen und ich frage mich auch, was die größte Fraktion im Stadtrat – anscheinend nicht – dagegen getan hat (Anmerkung d. Red.: Die Grünen), dass so eine absolut nach rückwärts gerichtete Fehlplanung umgesetzt wird. Hier ist eine große Chance für eine lebenswerte Straße vertan worden und damit der glatt geteerte Speckweg ab 2024 zur Rennstrecke freigegeben."


Frau Jutta Hagen, ADFC, schreibt:

"Ich bin öfters im Speckweg, da eine Freundin von mir dort wohnt und somit kenne ich vor allem die Radwege. Die ursprüngliche Planung berücksichtigte auch die Sanierung der Rad- und Fußwege und sollte 7,1 Millionen Euro kosten [3]. Durch den lautstarken Protest der Autobesitzer (wegen Wegfall von Parkplätzen) zog die Verwaltung diese Planung wieder zurück. Jetzt wird nur die Fahrbahn der (Auto-) Straße saniert, alles andere bleibt, wie es ist, und soll 5 Millionen Euro kosten. Wieder einmal hat der recht, der am lautesten schreit. Man sollte doch endlich nicht nur von Klimaschutz und Umweltschutz reden, sondern auch etwas dafür tun. Hier wäre die Möglichkeit gewesen, durch die ordentliche Sanierung der Radwege das Radfahren komfortabler und sicherer zu machen und somit mehr Menschen zum Radfahren zu animieren. Was passiert nun mit den restlichen 2,1 Millionen Euro? Wir Radfahrer müssten auf der glatt-asphaltierten Straße fahren, am Gepäckträger ein Schild montiert, auf dem steht: Auch wir wollen einen neu asphaltierten Radweg! Da würden sich die Autofahrer sehr freuen."


Es reicht!


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[1] https://quadradentscheid.de/post/speckweg-zementierung-des-status-quo

[2] https://mannheim.de/de/nachrichten/speckweg-verbesserung-fuer-fuss-rad-und-oepnv

[3] https://mannheim.de/de/nachrichten/mannheim-ist-fahrradfreundliche-kommune




193 Ansichten


Am 29.01.2023 gibt das Verkehrsministerium in einer Pressemitteilung bekannt: "Land ermöglicht Fahrradschutzstreifen außerorts". [1]


Wir halten diesen Vorschlag für anachronistisch und empfinden die Gefährdung, welcher der Radverkehr durch diesen Vorschlag ausgesetzt wird, als zynisch und inakzeptabel. Das Verkehrsministerium fordert "Überholabstand von zwei Metern muss eingehalten werden", allerdings werden Überholabstände zu Radverkehr von Seiten der Polizei nicht kontrolliert (in der Geschichte Mannheims ist uns eine (!) Kontrolle bekannt, welche wegen Regen abgebrochen wurde). Polizei in zivil mit Abstandsmesser? Fehlanzeige! Fordern kann man viel – sichere Infrastruktur wird so allerdings nicht geschaffen.


Es ist bekannt, dass in Deutschland Überholabstände weder kontrolliert, geschweige denn geahndet werden. Die fehlenden Kontrollen führen messbar [2] zur Nicht-Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Mindestabständen beim Überholen von Radverkehr. Dieser beträgt 1,5 m innerorts und 2 m außerorts. Da es in Deutschland keine wiederkehrenden Führerscheinprüfungen gibt und sich die wenigsten Autofahrer*innen zu Änderungen im Verkehrsrecht informieren, wissen dies leider die Wenigsten.


Im Fall eines symbolischen Streifens auf Landstraßen wird aus einem zu knappen Überholmanöver schnell eine Berührung mit tödlichem Ausgang. Die #Schutzstreifen, die in #Mannheim existieren, verdienen diese Bezeichnung wahrlich nicht und sind im Gegenteil kein Schutz, sondern vielmehr eine Einladung an den Kfz-Verkehr, Radverkehr mit völlig unzureichendem #Mindestabstand zu überholen. Die Autofahrer*innen legen die Streifen so aus, als könnten sie mit dem Auto direkt am Radverkehr vorbeifahren, solange sie die Linie nicht überfahren. Das ist klarerweise eine falsche Auslegung, jedoch so lange ein Überholen mit zu geringem Abstand in Deutschland weder geahndet noch verfolgt wird, wird sich im Autoland an dieser Problematik nichts ändern.


Eine sichere Benutzung von Landstraßen gibt es dann, wenn Kfz-Fahrer*innen den gesetzlichen Abstand einhalten. Das klappt übrigens in anderen Ländern ganz gut. Die Aggression auf deutschen Straßen und bewußte Unterschreitung von Mindestabständen, um teilweise bewußt Radverkehr zu gefährden versetzt uns immer wieder in ungläubiges Staunen.


Realität und Wunschdenken von Menschen am grünen Tisch

Ein trauriges und aktuelles Beispiel aus einem Polizeibericht vom 05.02.2023, ausgerechnet aus dem Bereich Polizeipräsidium Pforzheim, welches seit Jahren negativ auffällt, was die Problematik "Einhaltung von Mindestabständen von Kfz zu Radverkehr" auf Landstraßen angeht:

Der 52-jährige Lenker eines VW up befuhr die B 294 von Pforzheim kommend in Richtung Freudenstadt. Auf Höhe Urnagold übersah er einen in gleicher Richtung vor ihm fahrenden 37 Jahre alten Radfahrer und erfasste diesen mit der rechten Seite der Fahrzeugfront. Der Radlenker erlitt durch den Aufprall schwere Verletzungen und wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Klink verbracht werden. Dort verstarb der Radfahrer in den späten Abendstunden. Zum Unfallzeitpunkt trug der Radfahrer einen Fahrradhelm. [3]

Den Exkurs über beschönigende Polizeiberichte mit hochgradig absurdem Framing sparen wir uns an dieser Stelle. Ein Schutzstreifen hätte den Unfall genauso wenig verhindert wie der Helm, den der Radler trug. Wir möchten unser Mitleid mit den Hinterbliebenen des 37-jährigen Radfahrers zum Ausdruck bringen.


Wir veröffentlichen an dieser Stelle die


Stellungnahme des ADFC Baden-Württemberg [4]


Das Landesverkehrsministerium will die bislang nur innerorts zulässigen Radschutzstreifen in naher Zukunft auch auf Landstraßen weitgehend erlauben.

Aus Sicht des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) eine Maßnahme, die auf Kosten der Sicherheit von Radfahrenden geht und den Bau echter, sicherer Radinfrastruktur verhindert.

Radschutzstreifen, also eine gestrichelte Linie am Fahrbahnrand, sind für Radfahrende weder objektiv noch subjektiv sichere Radinfrastruktur. Dass der geplante Einsatz von Schutzstreifen außerorts auf Grundlage einer methodisch mangelhaft durchgeführten Untersuchung begründet wird, wird vom ADFC ebenso kritisiert wie die einseitige Interpretation der Daten und das Ignorieren bekannter Studienergebnisse. „Schutzstreifen bedeuten nachweislich keinen Sicherheitsgewinn für Radfahrende.“, kritisiert die ADFC-Landesvorsitzende Gudrun Zühlke den Vorstoß der Landespolitik.

Gute Radinfrastruktur muss sicher sein

Für den ADFC Baden-Württemberg hat die Sicherheit von Radfahrenden die höchste Priorität. „Nur bei geringen Kfz-Geschwindigkeiten, ausreichenden Überholabständen und geringer Kfz-Menge, möglichst ohne Schwerverkehr, ist Radfahren sicher.“, sagt Gudrun Zühlke. Dies muss auch für Schutzstreifen gelten und darf nicht zugunsten anderer Ziele wie schnelle, einfache Lückenschlüsse im Radnetz geopfert werden. „Wir möchten verhindern, dass Kommunen sich um Investitionen in sichere Radinfrastruktur drücken und stattdessen mit Farbe auf der Straße Sicherheit suggerieren“, gibt Zühlke zu bedenken.

Nachgewiesen und ignoriert: Schutzstreifen sind keine sichere Infrastruktur

Die vielzählig vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Schutzstreifen werden vom Land und in der zugrundeliegenden Studie der AGFK BW ignoriert und fahrlässig fehlinterpretiert.

Aus wissenschaftlichen Studien zu Abstandsmessungen bei Überholvorgängen von Kfz gegenüber Radfahrenden ergibt sich z.B., dass auf schmaler Radinfrastruktur, zu der Schutzstreifen gezählt werden, ein sicherer Überholabstand (außerorts 2 Meter) bei den meisten Überholvorgängen nicht eingehalten wird. Die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Überholvorgänge steigt also auf Straßen mit markierten Schutzstreifen.

Aus dem Fahrrad-Monitor ist außerdem bekannt, dass (1) zu viel Verkehr, (2) rücksichtslose Autofahrende und (3) zu wenige separate Radwege die drei meist genannten Gründe für ein Gefühl der Unsicherheit im Radverkehr sind. Der nun geplante Einsatz von Schutzstreifen zementiert diese Hemmnisse – auch weil viele Autofahrer*innen „spurtreu“ überholen und sich lediglich an der gestrichelten Linie und nicht am vorgeschriebenen Überholabstand orientieren. Die Studie der AGFK BW, die dem Entschluss des Verkehrsministeriums zur Ausweitung der Anwendungsmöglichkeiten von Schutzstreifen zugrunde liegt, zeigt, dass sich 90% der Autofahrenden an Schutzstreifen nicht regelkonform verhalten. „Der Schutzstreifen ist nur theoretisch eine sichere Lösung für den Radverkehr. Statt Schutzstreifen zur sicheren Lösung zu verklären, müssten bei solchen Ergebnissen alle Alarmglocken im Ministerium läuten.“, sagt die ADFC-Landesvorsitzende.

Methodische Mängel & Fehlinterpretationen

Dass Schutzstreifen eine sichere Führungsform für den Radverkehr sind, beweist weder die von der AGFK BW vorgelegte Studie noch vorhergehende wissenschaftliche Untersuchungen in Deutschland. „Die Interpretation der Ergebnisse ist haarsträubend und wir gewinnen den Eindruck, dass man mit dieser Untersuchung unbedingt ein bestimmtes Ergebnis unterstreichen wollte.“ erklärt Gudrun Zühlke.

In der Bewertung werden sicherheitsrelevante Bewertungskriterien wie z.B. gefährliche Überholmanöver gleich stark gewichtet wie das Kriterium der steigenden Radverkehrszahlen. Darüber hinaus werden weiter rechts am Straßenrand fahrende Radfahrer und Radfahrerinnen positiv bewertet, obwohl die Sichtbarkeit von Radfahrenden nachweislich abnimmt, je weiter rechts am Fahrbahnrand gefahren wird. Außerdem werden Überholabstände mit mindestens 1,5 Metern Abstand als korrekt angenommen, obwohl außerorts ein Überholabstand von 2 Metern gilt – ein Wert, der bereits zum Zeitpunkt der Studie bekannt, nur noch nicht rechtsgültig war.

Wenig hilfreich ist aus Sicht des ADFC Baden-Württemberg auch der Vergleich von Radverkehrsmengen im Sommer und Herbst, ohne Berücksichtigung der Wetterverhältnisse und anderer äußerer Einflüsse. Bedauerlich ist, dass eine Befragung der Nutzerinnen und Nutzer der getesteten Infrastruktur nicht vorgenommen wurde.

Ziele der Landespolitik rücken in weite Ferne

Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg suggeriert mit seiner Ankündigung zur Ausweitung der Anwendungsfälle für Schutzstreifen außerorts, dass mit Schutzstreifen schnell ein sicheres und attraktives Radnetz geschaffen werden kann und das Radverkehrsaufkommen damit gesteigert wird.

„Der Einsatz von Schutzstreifen ist allerdings nur ein vermeintlicher Lückenschluss im Radnetz des Landes. Außer Acht gelassen werden vom Land Aspekte der Radverkehrssicherheit und die damit verbundene Akzeptanz der Schutzstreifen. Ein Radverkehrsanteil von 20 Prozent wird damit nicht wahrscheinlicher,“ fasst Zühlke zusammen.


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[1] https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/land-ermoeglicht-fahrradschutzstreifen-ausserorts

[2] https://obs.adfc-bw.de/

[3] https://presseportal.de/blaulicht/pm/137462/5433623

[4] https://bw.adfc.de/pressemitteilung/pm-schutzstreifen-ausserorts

344 Ansichten

An dieser Stelle veröffentlichen wir zwei Gastbeiträge, welche ebenfalls dem Mannheimer Morgen als Leserbriefe zugekommen sind.

Die Leserbriefe beziehen sich auf diesen am 28.01.2023 erschienen Artikel im Mannheimer Morgen.


Wir als QuadRadEntscheid betrachten die neue Planung als massives Versagen der Stadt im Hinblick auf die Verkehrswende in Mannheim. Diese Planung stellt keinen Kompromiss dar, sondern eine Festschreibung des aktuellen Zustandes auf Jahrzehnte, ohne jegliches Zeichen einer Mobilitätswende. Die Leidtragenden sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer: Kinder, ältere und mobilitätseingeschränkte Personen, Fußgänger*innen, Radfahrende.


Es ist Aufgabe des Gemeinderats, die Stadtentwicklung zu lenken und nach bestimmten Zielen auszurichten (Verkehrswende, Teilhabe, Klimaschutz). Natürlich werden immer wieder Menschen, die ihre individuellen Interessen bedroht sehen, aufbegehren und schreien. Die Stärke einer Kommune zeigt sich darin, diese Aufschreie einer kleinen, aber lauten Minderheit auszuhalten und dennoch im Sinne der stadtentwicklungspolitischen Ziele zu handeln. Das funktioniert in Mannheim offensichtlich nicht. Veränderung geht anders!


Leserbrief 1 - Gerd Hüttmann, Vorsitzender ADFC Mannheim

„Die Anwohner haben sich gegen eine übermächtige Verwaltung erfolgreich zur Wehr gesetzt und mit einer Kompromisslösung ihre Parkplätze im Speckweg gerettet“. Für insgesamt 5 Millionen Euro gibt es nun im Wesentlichen eine grundhafte Fahrbahnsanierung und damit ein Ende der temporären Geschwindigkeitsbeschränkung.

Für Radfahrende bleibt es beim baulich bedingten Überholverbot, dem fehlenden Abstand zu rücksichtslos geöffneten Beifahrertüren sowie der Berg-und Talbahnfahrt an Grundstückszufahrten und Einmündungen. Mit Dünnschicht-Kaltasphalt werden die schlimmsten Radwegstellen etwas geglättet, bei den Gehwegen findet gar keine Sanierung statt.

Auch wenn mit dem zu begrüßenden Minikreisel an der Alten Frankfurter Straße eine konfliktträchtige Einmündung entschärft werden soll, muss hier der Mindestabstand von 1,50 m beim Überholen von Radfahrenden erst noch durchgesetzt werden.

Die Straßenverkehrsordnung sieht ein Parkverbot im Abstand von 8 m vor und hinter den Einmündungen der Nebenstraßen vor. Ob es durch den kommunalen Ordnungsdienst künftig kontrolliert wird, bleibt abzuwarten.

Unter Kompromiss verstehe ich, wenn alle Beteiligten einen Teil ihrer Bedürfnisse erfüllt bekommen und auf einen anderen Teil verzichten müssen. Mit der Fahrbahnsanierung im Speckweg werden Autofahrende bis auf vier wegfallende Parkplätze alles behalten und können sich auf eine neue, glatte Fahrbahn freuen, während Radfahrende sowie zu Fuß Gehende so gut wie nichts bekommen.

Für den Speckweg lautet die Devise von Politik und Verwaltung also „weiter so!“ – die Verkehrs- und Energiewende findet hier die nächsten 20 Jahre nicht statt. Wie passt das zu einer EU-Modellstadt „Klimaneutralität“, die bis 2030 Klimaneutral werden will?


Leserbrief 2 - Werner Dörring, Mitbegründer Bündnis Fahrradstadt Mannheim

Faule Kompromisse helfen niemanden.

Die besorgniserregende Verkehrssituation im Speckweg ist darauf zurückzuführen, dass alle Verkehrswege in desolatem Zustand sind und die Parksituation im Speckweg dazu führt, dass kein Verkehrsteilnehmer, einschließlich der Autofahrer, die Verkehrswege gefahrlos nutzen kann. Durch wildes ungeordnetes Parken von Kraftfahrzeugen wird die Sicht für auf den Speckweg einfahrende Autos und Fahrräder versperrt, für Fußgänger eine Überquerung des Speckweges an vielen Stellen zu einer gefährlichen Angelegenheit. Fahrradfahrer bewegen sich auf einer komplett sanierungsbedürftigen Fahrbahn mit der Gefahr jederzeit von einer sich öffnenden Autotür vom Fahrrad geholt zu werden, weil keinerlei Abstände zum parkenden Verkehr eingehalten werden können.

Würde man, wie von der Verwaltung im März 2022 konzipiert, die Verkehrswege getrennt

mit den neu gültigen Sicherheitsstandards führen, müsste ein Sicherheitsabstand von 75 cm des Radweges zum parkenden Verkehr und nach der novellierten StVO ein parkfreier Raum von 8 m vor Kreuzungen eingehalten werden, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

Der neue Entwurf sieht vor, diese Sicherheitstandards bewusst zu umgehen und auszuhebeln, um möglichst viele Stellplätze für die Anwohner und Gewerbetreibende zu erhalten. Die Verkehrssicherheit spielt keine Rolle mehr. Statt einer getrennten Verkehrsführung unter Einhaltung der Sicherheitsstandards soll nur noch der Straßenbelag erneuert werden.

Es kann nicht hingenommen werden, dass die Parteien auf kommunaler Ebene

Verkehrssicherheitsstandards, die sie auf Bundes- und Landesebene vereinbart haben, in

bewusster und rechtswidriger Weise umgehen und die Verkehrssicherheit der Bereitstellung kostenloser Stellplätze für Anwohner und Gewerbetreibende opfern. Bundes- und Landeszuschüsse zum Bau von Verkehrswegen würden hier nicht gezahlt, da diese an die Einhaltung der Sicherheitsstandards gekoppelt sind.

Ein Kompromiss kann nur auf der Grundlage des ursprünglichen Verwaltungsentwurfs unter Einhaltung der Sicherheitsstandards verhandelt werden. Spätestens bei der nächsten Radwegplanung wird der faule Kompromiss die Parteien wieder einholen, da die Sicherheitsstandards zu beachten sind. Ihre Glaubwürdigkeit hätten sie dann allerdings verloren.


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