Kein Schotterparkplatz am Herzogenriedbad Mannheim
- b-korn
- vor 2 Stunden
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Wir veröffentlichen die Stellungnahme von Annika Bohn, Petitionsstarterin der Petition „In der heißesten Stadt Deutschlands keine weitere Versiegelung“ gegen die Verschotterung am Herzogenriedbad, Mannheim. Annika Bohn dankt allen 2670 Unterstützer*innen (Stand 23.09.2025) der Petition von Herzen, dass über die geplante Verschotterung für Parkplätze vor dem jetzigen Herzogenriedbad durch ihre Beteiligung nun öffentlich über die Gestaltung der Grünfläche diskutiert wird. Viele Menschen, darunter vor allem auch ältere, welche die Petition aufgrund von fehlendem Zugang zu Digitalisierung nicht unterschrieben haben, sprechen sich auch gegen die Pläne der Stadtverwaltung aus.

Aktuelle Pläne gehen an den Bedürfnissen der Anwohnenden vorbei
Wozu gibt es eigentlich eine Stadtverwaltung und politische Mandatstragende wie in diesem Fall im Gemeinderat? Ich habe oft den Eindruck, dass die Menschen, die sich in diesen Strukturen bewegen und arbeiten vergessen haben, was die Basis ihrer Arbeit eigentlich ist und sein sollte: Entscheidungen auf der Basis von Fürsorge und Versorgung für die Menschen zu treffen, von denen sie ein Mandat, also ein Vertrauensvotum, erhalten haben. Für das ausführende Organ „Stadtverwaltung“ gilt daher: die Entscheidungen für Bürger*innen bestmöglich umzusetzen.
In Bezug auf die Petition gegen die geplante Versiegelung der Grünfläche vor den Kindergärten, teilen über 2600 Menschen aus Mannheim ihrem Gemeinderat und ihrer Stadtverwaltung mit:
Entscheidet anders, wir wollen das Geplante nicht!
Das möchte ich registriert wissen! Denn, Demokratie beruht auf Beteiligung und Mitgestaltung und nicht „nur“ alle paar Jahre ein Kreuz auf einem Wahlzettel bei einer Partei machen.
Geplante Parkplätze werden Aufenthaltsqualität stark reduzieren
Ich lebe in der Neckarstadt-Ost, ganz in der Nähe des Herzogenriedbads und gehe täglich an dieser kleinen, und doch so wichtigen, Grünfläche vorbei. Was ich dort sehe, sind Kinder, die entspannt zum Kindergarten fahren oder gebracht werden und vor den Kindergärten Roller, Inlineskates, Skateboard oder Fahrrad fahren lernen. Ich sehe Hunde spielen, den Storch nach Regenwürmern suchen, Menschen, die sich begegnen und einen kurzen Plausch halten. Alte Menschen, die spazieren gehen, Jugendliche und Erwachsene, die Fußball und andere wiederum, die Gitarre spielen oder auf Decken liegen und lesen, Wohnungslose, die ungestört übernachten. Kurzum, es ist unser Lebensraum! Unsere Begegnungsfläche. Es ist eine Fläche, die wir brauchen, denn nur so können wir in Kontakt sein und einander kennenlernen. Gerade letzteres halte ich mit Blick auf das Wachstum von rechten und menschenverachtenden politischen Strömungen für essentiell.
Parkplatzsituation vor Ort
Die angespannte Parkplatzsituation vor Ort wird von SPD-Bürgermeister Eisenhauer als Argument für die Notwendigkeit des Parkplatzbaus genannt. Wenn ich das weiterdenke, dann wird deutlich, dass sich durch die geplanten neuen Stellflächen vor dem Herzogenriedbad keine Entspannung einstellen würde. Denn die Stellplätze kämen den Anwohnenden in der Neckarstadt-Ost nicht zugute. Sie stehen in erster Linie den Besucher*innen des Kombibads zur Verfügung und würden kostenpflichtig sein. Wenn ich mit dem Auto parken möchte und mich entscheiden kann, ob ich Parkgebühren bezahle oder nicht, parke ich dort, wo es mich nichts kostet. Daher würden wohl auch weiterhin zunächst Parkflächen von Schwimmbadbesucher*innen in den Straßen der Anwohnenden genutzt werden, wodurch sich überhaupt nichts bessert, Anwohnenden zusätzlich aber durch den Parkplatz Lebensqualität genommen wird.
Kein Ausgleich für die fehlende Grünfläche
Alles kostet einen Preis und die Entscheidung, die Grünfläche zu vernichten, bedeutet, dass die Menschen, die hier leben und von den zusätzlichen Parkplätzen nicht profitieren, die Kosten tragen – insbesondere durch den Verlust eines wichtigen Begegnungsraums. Kinder werden die Kosten tragen, wenn sie in den Kindergärten quasi zwischen Autos und Abgasen spielen und nicht mehr dort Fahrrad fahren lernen können. Ich habe mit einer Mutter gesprochen, die sagte es sei ein absolutes Unding, ihnen diese Fläche zu nehmen, denn es würde für das Bringen und Abholen der Kinder Stress bedeuten, wenn zusätzlich Autos fahren. Die alten Bäume würden fehlen, die Hunde hätten noch weniger Grünfläche als ohnehin schon. Vor allem aber werden die Menschen, besonders die Kinder und Jugendliche, den Preis zahlen, die sich weder die Eintrittskosten für das Kombibad, noch den Herzogenriedpark leisten können. Jetzt haben sie wenigsten eine Wiese und einen Betonplatz. Stattdessen könnte die Wiese und der Bolzplatz aufgewertet werden. Vielleicht wäre es ein Entgegenkommen der Stadtverwaltung dann den Herzogenriedpark für alle kostenfrei zu öffnen, auch einen Bereich für Hunde zu schaffen. Bislang droht jedenfalls, dass uns Anwohenden viel genommen wird, ohne dass die Stadtverwaltung einen Ausgleich zu schaffen gedenkt.
Fehlende Anreize trotz ÖPNV-Anbindung
Es ginge um Anreize für potentielle Besucher*innen des Kombibads, so Bürgermeister Eisenhauer. Die Anreize für potentielle Besucher*innen sollten sich nicht negativ auf die Lebensräume der Anwohnenden auswirken. Auch auf diesen Aspekt greift mein oben angesprochener Punkt bezüglich der Fürsorge durch Mandatstragende, denn wie bereits gesagt, wir leben hier!
Warum scheint es keine Pläne dafür zu geben, dass im Eintrittspreis des Kombibads ein Tagesticket für den öffentlichen Nahverkehr innerhalb Mannheims kostenfrei inbegriffen ist? Das würde einen Anreiz schaffen, umweltfreundlich und Abgas-reduzierend ins Schwimmbad zu fahren. Denn auch der erwartete zunehmende Verkehr wird sich auf die Luftqualität und das Klima weiter auswirken. Letztere beiden Punkte sind mir ein wichtiges Anliegen: Dass diese Stadt nicht weiter versiegelt bzw. verschottert wird, dass es nicht noch heißer wird, dass wir was gegen den Temperaturanstieg tun!
Ich finde es im Sommer immer wieder unerträglich heiß und sehr komisch, dass dann mit dem Auto ins Schwimmbad gefahren wird. Es ist schwer vorzustellen und ein heikles Thema, allerdings gibt es viele Anzeichen, dass der Individualverkehr für die Zukunft nicht die Lösung bleiben kann. Wieso also nicht Anreize schaffen, die der neu verlegten Buslinie Mitfahrende bringt?
Parkplätze auf dem Neuen Messplatz schaffen
Wer weiß überhaupt, wie viele Menschen ins neue Schwimmbad gehen werden? Die Eintrittspreise werden hoch sein. Diesbezüglich sagen mir Anwohnende und Eltern, dass sie sich eher nicht als neue Gäste dort sehen, denn sie befürchten, dass sie die Preise nicht zahlen können. Da sind wir wieder, wir Anwohnenden, die gerne diese Fläche erhalten wollen, weil wir sie ohne Geld nutzen können.
Es ist ein Zielkonflikt, denn es gibt diese Grünfläche mit der die Stadt etwas anderes plant, als es uns Anwohnenden lieb ist. Deswegen wäre ein zeitlicher Kompromiss für die nächsten Jahre, Parkplätze zu zählen, die von Kombibad-Schwimmbadbesucher*innen genutzt werden. Natürlich gibt es Auflagen, wie viele Parkplätze bei Neubauten gebaut werden müssen. Nach § 37 Abs. 5 der Landesbauordnung Baden-Württemberg kann die sogenannte Stellplatzpflicht auch auf einem anderen Grundstück erfüllt werden, wenn dies durch Baulast gesichert ist. Die dazugehörige Verwaltungsvorschrift (VwV LBO BW, Nr. 37.5.1) nennt dafür die Voraussetzungen. Es gibt also eine gewisse Flexibilität. Der Neue Messplatz wird von der Stadt regelmäßig als Parkplatz für das Herzogenriedbad genannt und ist auch schon als P+R-Fläche ausgeschildert. Bislang fehlt übrigens eine nachvollziehbare und deutliche Beschilderung zum Parkplatz dorthin.
Der Neue Messplatz wird über das Jahr an rund 35 Tagen und somit wenig genutzt. Gerade im Sommer strahlt diese riesige Betonplatte Hitze ab, die direkt zu spüren ist, wenn man über den Neuen Messplatz oder dran vorbei geht. Während der wenigen Veranstaltungen muss es keine 100%ige Parkplatzversorgung geben. In der Vergangenheit hätte auf uns Anwohnende diesbezüglich bereits Rücksicht genommen werden können, indem die Messe und Flohmärkte zum Beispiel so geplant würden, dass ein Teil des Neuen Messplatzes als Parkfläche dient.
Die Zeiten ändern sich und das Klima leider auch. Genau deshalb wurden Schottergärten 2020 in Baden-Württemberg verboten, weil sie sich negativ auf das Klima auswirken. Jetzt einen Schotterparkplatz zu bauen, macht ökologisch keinen Sinn!
Möglichkeiten für die Nutzung der Fläche
Wenn der entsiegelte Platz Aufenthaltsmöglichkeiten bieten und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll, stellt dies eine erhöhte Lebensqualität, Gesundheit und Wohlbefinden für die Menschen vor Ort dar. Darum sollte die Grünfläche und der Bolzplatz schön gemacht werden. Z. B. mit Wildblumen, sobald die Fahrradstellplätze von der Grünfläche verlegt sind, verbessert dies auch das Mikroklima. Es könnten ein paar Bänke und eine Sitzecke mit Tisch aufgestellt werden, damit wir Anwohnenden die Fläche noch besser nutzen können. Mit einem neuen Bolzplatz mit Weichboden und rankenden Pflanzen an dem Zaun, der den Bolzplatz begrenzt. Ich wäre für Gründächer auf den Umkleidehäusern im Freibad und einer Fassadenbegrünung der Kindergärten, der Sporthalle und der gegenüberliegenden Hochhäuser. Alles gehört der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GBG. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Oberbürgermeister Specht (CDU) und der stellvertretende Vorsitzende ist Bürgermeister Eisenhauer (SPD). Die beiden angesprochenen Hochhäuser wurden gerade abschließend saniert und an Fassadenbegrünung hat niemand gedacht.
Die Grünfläche und der angrenzende Bereich könnten so schön gestaltet werden, wenn der Gemeinderat fürsorglich für uns Menschen vor Ort entscheidet.
Gastautorin Annika Bohn lebt mit Unterbrechung seit 2007 in Mannheim. Sie liebt ihren Hund, ihre Neffen und das Radfahren. In ihrer Freizeit geht sie fernwandern und campen. Ihre Haltung gegenüber Mensch und Tier ist geprägt von Wohlwollen und Wertschätzung. Sie wünscht sich, dass die Stadtverwaltung Mannheims bald digitalisiert ist, damit Prozesse besser ineinander greifen.
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